Mittendrin – Umwelterleben mit Flüchtlingskindern

In Ludwigshafen konnten geflüchtete Kinder ihr Wohnumfeld erkunden und an Veranstaltungen teilnehmen. Erwachsene Geflüchtete bauten Hochbeete und konnten gärtnern.

Ausflug in den Tierpark. Foto: Angelika Hornig

Von Mai 2016 bis November 2016 hat die Initiative Lokale Agenda 21 Ludwigshafen e.V. gemeinsam mit ehrenamtlich Engagierten der Starthilfe Asyl und Mitarbeiter_innen des Kinder- und Jugendbüros der Stadt Ludwigshafen das Projekt „Umwelterleben mit Flüchtlingskindern“ durchgeführt.

Die Projektidee entstand aufgrund der Tatsache, dass in der Sammelunterkunft für Geflüchtete in Ludwigshafen-Mundenheim das ehemals genutzte Vereinshaus zur Verfügung stand. Da es in der Sammelunterkunft keinerlei Spielemöglichkeiten (Spielplätze etc.) gab, dafür aber freie Grünflächen sowie einen großen Tennisplatz, hatte die Starthilfe Asyl sich zum Ziel gesetzt, ein strukturiertes Angebot für Kinder vor Ort aufzubauen. Als Partner hat sich die Initiative Lokale Agenda 21 Lu e.V. (ILA) und das Kinder- und Jugendbüro der Stadt Ludwigshafen (Kibü) angeboten, da diese schon einige Erfahrungen mit geflüchteten Kindern im Bereich Umweltbildung und Wohnumfelderkundung gewonnen hatten.

Die Aktivitäten mit den Kindern waren planmäßig in vier Bausteine aufgeteilt:
1.    „Gegenseitiges Kennenlernen und Erkundung vor Ort – Struktur im Alltag“
2.    „Erforschung und Kennenlernen der natürlichen Umgebung des Wohnumfeldes der Kinder und der Stadt Ludwigshafen – Aktivierung von Kompetenzen“
3.    „Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen – Integration in eine fremde Gesellschaft“
4.    „Familienausflüge“
Außerdem war geplant mit den Erwachsenen Hochbeete aufzubauen und zu bepflanzen.

Herausforderung Fluktuation
Das Angebot für die Kinder war ziemlich erfolgreich. Die Auftaktveranstaltung war gut besucht und im Anschluss haben wir uns wöchentlich dienstags nachmittags getroffen, insgesamt 22 Mal. Ganz zu Beginn stand das Kennenlernen und die Kommunikation im Vordergrund, aber Thema war von Anfang die Umwelt. Es waren regelmäßig ca. 8 bis 20 Kinder anwesend. Von Anfang an schwierig war die Tatsache, dass durch Neuankünfte und Wegzüge die teilnehmenden Kinder stetig gewechselt haben, bis auf ca. zwölf Kinder, die während der gesamten Zeit in der Notunterkunft gewohnt haben. Wir haben recht schnell festgestellt, dass es den Kindern gut tut, das Gelände zu  verlassen. Denn es war auch nicht einfach, dass die Kinder zwei Stunden durchgängig bei uns blieben: Oft wurden sie von den Eltern oder älteren Geschwistern zwischendurch abgeholt und kamen später wieder. Um dem entgegenzuwirken haben wir nach einiger Zeit beschlossen, die Tür zu einer bestimmten Zeit zu schließen. Die Kinder, die gingen, durften dann auch nicht wiederkommen. So kam einigermaßen Ruhe in die Gruppe.

Ausflüge kommen gut an
Bei den Ausflügen war es aber so, dass niemand später kommen konnte oder zwischendurch gehen konnte. So haben wir anfänglich die Flora und Fauna der näheren Umgebung erkundet. Nach einem Themenkomplex, z.B. die Bäume, haben wir einen größeren Ausflug gemacht. So sind wir in den Maudacher Bruch gefahren und haben dort die Bäume und den Wald besser kennengelernt. Nach dem Themenkomplex Tiere sind wir in den Tierpark gefahren; nach dem Themenkomplex Wasser an den Rhein. Das hat zum Glück immer gut geklappt. Allerdings war zu beachten, dass wir immer sehr viel Zeit mitbringen mussten, wenn wir Ausflüge gemacht haben. Wir mussten mindestens eine Stunde vor Abfahrt vor Ort sein, damit alle Kinder abfahrbereit waren und deren Eltern Bescheid wussten.
Baustein 1 und 2 haben wir gut erfüllt. Baustein 3 war etwas schwieriger. Wir sind mit einigen Kindern zu Auswärtsveranstaltungen gegangen, aber die Kinder blieben dann meistens für sich und hatten auch immer Schwierigkeiten mit der Sprache. Den Familienausflug haben wir leider gar nicht gemacht.

Gartenprojekte sind beliebt, langfristige Pflege weniger interessant
Das Programm mit den Erwachsenen war nicht ganz einfach. Im Vorfeld sind wir in die Deutschkurse gegangen, haben mit den Leuten geredet, ihnen erzählt, was Hochbeete sind und das wir gerne mit ihnen Gemüse anbauen würden. Wir hatten Fotos dabei und die Leute haben dann den Namen auf Farsi und Arabisch drunter geschrieben. Viele haben auch erzählt, dass sie zu Hause auch einen Garten hatten und gerne mitmachen würden. Mit einigen Frauen haben wir auch einen Ausflug in „unseren“ Urbanen Garten gemacht, der hackmuseumsgARTen, damit sie direkt sehen konnten, was geplant war. Die Frauen waren auch sehr begeistert und haben erzählt, welches Gemüse und Obst sie zu Hause angebaut hatten. Der Bau der Hochbeete und die Bepflanzung ging dann auch noch ganz gut. Leider stieß aber die Pflege auf wenig Interesse. Viele glaubten, dass sie nicht lange in der Unterkunft bleiben würden und hatten daher auch kein Interesse an regelmäßiger Pflege.

Voraussetzungen für gelungene Projekte
Spezifische Punkte bei der Arbeit mit Flüchtlingen: Viel Zeit mitbringen. Einbinden, erklären, austauschen, neugierig sein. Sich selber einlassen. Geduldig sein. Und eine gehörige Portion an Gelassenheit mitbringen.

Einige äußere Umstände haben das Projekt erschwert. Es gab zu der Zeit keine richtige Leitung und Ansprechpartner_innen in der Unterkunft, so dass es schwierig war, mit den Bewohner_innen in Kontakt zu kommen. Dann kamen noch persönliche Unstimmigkeiten und Missverständnisse unter den Ehrenamtlichen dazu, die auch unser Projekt beeinträchtigt haben. Weiterhin war erschwerend, dass wir nicht genug Zeit für den Vorlauf und die Gespräche vor Ort eingeplant hatten, so dass ein gewisser Zeitdruck entstand, das Projekt gut durchzuführen. Insgesamt wäre ein Rahmen von mindestens einem Jahr sehr viel besser gewesen. Zu viel Neues gab es für alle Mitwirkenden, das erst in geregelte Bahnen gebracht werden musste. Es war aber eine spannende Zeit und die Kinder haben auf jeden Fall davon profitiert. Das war auch der treibende Motor, zu sehen, wie sich die Kinder jedes Mal freuten, wenn jemand von uns kam und mit vollem Eifer dabei waren!

Mittlerweile (Stand Juli 2017) gibt es ein regelmäßiges wöchentliches Angebot für Kinder, dass vom Kinder- und Jugendbüro angeboten wird. Es gibt dort nun auch Wohnungen, so dass einige Menschen dauerhaft dort untergebracht sind. Das hat auch zur Folge, dass die Hochbeete mittlerweile in Eigenregie bepflanzt und gepflegt werden. Die Kinder nehmen in den Sommermonaten an der jährlichen Stadtranderholung teil und können sich so gut integrieren und Freundschaften schließen.

Das Projekt wurde gefördert von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt.

Institution & Infos
Initiative Lokale Agenda 21 Ludwigshafen e.V.
Angelika Hornig
Bismarckstr. 29, Zi. 405
67059 Ludwigshafen
0621-5291099
angelika.hornig@lugenda.de
www.lugenda.de